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BGH-Urteil zu Payback-Punkten bei Hörgeräten: Klare Grenze bei einem Euro

Was dürfen Hörakustiker und Hörgeräteanbieter ihren Kundinnen und Kunden anbieten – und was nicht? Wir haben letztens über die umstrittene Payback-Praxis der Hörakustik-Kette Amplifon berichtet. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat jetzt in einem vielbeachteten Urteil für Klarheit gesorgt: Payback-Punkte bei Hörgerätekäufen sind zwar erlaubt – aber höchstens in homöopathischer Dosis.

BGH-Urteil zu Payback-Punkten bei Hörgeräten Klare Grenze bei einem Euro
Bild: Bundesgerichtshof

Ein Payback-Punkt zu viel für den Hörgerätekauf – und schon unzulässig

Amplifon hatte seinen Kunden bislang pro Euro Umsatz einen Payback-Punkt gutgeschrieben. Bei einem Hörgerät im Wert von mehreren tausend Euro kamen da durchaus ansehnliche Beträge zusammen – in Form von Gutscheinen, Sachprämien oder Spendenoptionen. Was nach smarter Kundenbindung aussieht, bewertete die Wettbewerbszentrale jedoch als unzulässige Werbegabe und klagte.

Die rechtliche Grundlage: das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Es erlaubt nur geringwertige Kleinigkeiten als Zugabe zu medizinischen Produkten. Was darunter zu verstehen ist, war nicht eindeutig – bis jetzt.


Umstrittene Amplifon-Praxis: Der Fall durch die Instanzen

Während das Landgericht Hamburg dabei kein Problem sah, urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg in zweiter Instanz bereits strenger: Mehr als fünf Euro dürfe eine Werbegabe nicht wert sein. Maßgeblich sei nicht der einzelne Punkt, sondern die Summe pro Kauf. Die Payback-Punkte seien nicht bloß Imagewerbung, sondern ein konkreter Anreiz, der nur beim Erwerb eines Produkts greife – und somit im Sinne des HWG eine produktbezogene Werbegabe darstelle. Doch damit war die Sache noch nicht entschieden. Beide Seiten legten Revision ein – und der Fall landete vor dem BGH in Karlsruhe.

Payback-Punkte für Hörgeräte: Ein Euro als klare Obergrenze

Jetzt hat das höchste deutsche Zivilgericht endgültig entschieden: Die Wertgrenze für Werbegaben bei Medizinprodukten wie Hörgeräten liegt bei lediglich einem Euro – nicht fünf. Die Begründung: Nur bei so geringen Werten könne eine „relevante unsachliche Beeinflussung“ der Kaufentscheidung ausgeschlossen werden. Genau das sei der Maßstab, den das Heilmittelwerbegesetz anlege.

Auch wenn Payback-Punkte oft als Kleinigkeit erscheinen – bei hochpreisigen Produkten können sie eine nicht unerhebliche Summe darstellen. Und genau das sei problematisch.

Klare Regeln für Werbemaßnahmen in der Hörakustik

Für Hörakustiker ist das Urteil ein deutliches Signal: Bei Werbemaßnahmen rund um den Produktverkauf ist äußerste Zurückhaltung geboten – besonders, wenn es um geldwerte Vorteile geht. Auch Kundenbindungssysteme wie Payback müssen jetzt kritisch hinterfragt werden.

Wer weiterhin mit kleinen Zugaben oder Bonusaktionen werben möchte, sollte sich exakt an die rechtlichen Vorgaben halten – oder im Zweifel ganz auf solche Maßnahmen verzichten. Denn das Urteil macht klar: Die Preis- und Entscheidungsfreiheit der Verbraucher hat Vorrang.

Das Urteil definiert bereits länger bestehende Uneinigkeiten in der Branche: Auch Geers warb in Vergangenheit bereits mit Payback-Punkten. Als Präzedenzfall wird das aktuelle Urteil auch in zukünftigen ähnlichen Fälle als Maßstab dienen – und gilt generell für die gesamte Medizinproduktebranche.