Ob auf der Baustelle, in der Industriehalle oder in lärmintensiven Handwerksberufen – Lärm ist für viele Arbeitnehmer Alltag. Um das Risiko dauerhafter Gehörschäden zu minimieren, gibt es Lärmschutzvorgaben: Ab einem gewissen Lärmexpositionspegel muss ein Gehörschutz getragen werden. Komplizierter wird es bei Hörgeräteträgern. Diese benötigen speziell zugelassene Hörgeräte, die gleichzeitig den Hörverlust kompensieren und das Gehör schützen können. biha-Präsident Eberhard Schmidt gibt wichtige Tipps.
Gefahr für das Gehör: Lärm als unsichtbarer Stressfaktor
„Wer sein ungeschütztes Gehör großen Lautstärken oder dauerhaftem Lärm aussetzt, riskiert einen Tinnitus, ein Knalltrauma und einen irreversiblen Hörverlust“, warnt Eberhard Schmidt, Präsident der Bundesinnung der Hörakustiker (biha). Tatsächlich gehört Lärmschwerhörigkeit in Deutschland zu den häufigsten anerkannten Berufskrankheiten.
Schon ein Tages-Lärmexpositionspegel von mehr als 85 Dezibel (dB) reicht aus, um das Gehör bei längerem Kontakt zu schädigen. Zum Vergleich: Ein normaler Gesprächston liegt bei etwa 60 dB, eine viel befahrene Straße bei 80 dB. Ab 130 dB, wie sie etwa bei einem Presslufthammer entstehen, empfinden viele Menschen Schmerzen. Doch die eigentliche Gefahr liegt im „subjektiven Gefühl“: Oft wird Lärm unterschätzt, weil die Schädigung schleichend erfolgt.
Gesetzliche Vorgaben: Ab wann ist Gehörschutz Pflicht?
Die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung schreibt klar vor: Ab 85 dB am ungeschützten Ohr ist Gehörschutz verpflichtend. Insbesondere in Branchen wie Bauwesen, Metallverarbeitung oder Maschinenbau zählt der Schutz des Gehörs zur Persönlichen Schutzausrüstung (PSA).
„Gehörschutz ist dabei nicht gleich Gehörschutz“, erklärt Schmidt. Unterschiedliche Arbeitsumfelder erfordern maßgeschneiderte Lösungen. Vom klassischen Kapselgehörschutz bis hin zu individuell gefertigten Otoplastiken – entscheidend ist, dass der Schutz sowohl ausreichend effektiv als auch komfortabel ist. Nur so wird sichergestellt, dass die Arbeitnehmer ihn durchgängig tragen.
Spezielle Anforderungen für Hörsystemträger
Schwerhörige Arbeitnehmer stehen vor einer besonderen Herausforderung: Sie benötigen Hörhilfen, die einerseits ihre Hörschwäche ausgleichen, andererseits aber keine weiteren Schäden durch Lärm verursachen.
Hörsysteme für den Einsatz an Lärmarbeitsplätzen müssen daher nicht nur als Medizinprodukt, sondern auch als PSA zertifiziert sein. „Diese Speziallösungen begrenzen die Lautstärkeverstärkung, damit der Tages-Lärmexpositionspegel von 85 dB nicht überschritten wird. Gleichzeitig müssen wichtige Warnsignale und Maschinengeräusche erkennbar bleiben“, erläutert Schmidt.
Seit Kurzem sind Hörgeräte und Lärmschutz-Otoplastiken einiger Hersteller für den gemeinsamen Einsatz zugelassen. Dies ermöglicht Schwerhörigen eine bessere Orientierung und Sicherheit in lauten Arbeitsumgebungen. Besonders hilfreich sind diese Systeme laut der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) in Berufen, bei denen Kommunikation oder akustisches Feedback essenziell sind.
Fachkundige Beratung ist unerlässlich
Mit rund 18.000 Hörakustikerinnen und Hörakustikern in über 7.500 Fachbetrieben gibt es in Deutschland eine breite Basis an Experten, die Arbeitnehmer individuell beraten können. Vom einfachen Gehörschutz bis zur komplexen Anpassung von Hörsystemen – die richtige Lösung lässt sich am besten im persönlichen Gespräch finden.
Die Bedeutung dieser Beratung kann nicht genug betont werden, so Schmidt: „Nur ein passender Gehörschutz oder ein individuell eingestelltes Hörsystem gewährleistet langfristigen Schutz und Komfort.“ Angesichts der steigenden Lärmbelastung in vielen Berufen sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen auf Prävention setzen, um langfristige Schäden zu vermeiden.
Lärm am Arbeitsplatz ist ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko, das oft unterschätzt wird. Dank klarer gesetzlicher Vorgaben, moderner Schutzlösungen und individueller Beratung durch Hörakustiker gibt es jedoch effektive Mittel, das Gehör zu schützen. Investitionen in den richtigen Gehörschutz und die Sensibilisierung für das Thema sind nicht nur ein Zeichen von Verantwortungsbewusstsein, sondern auch essenziell, um die Leistungsfähigkeit und Lebensqualität der Arbeitnehmer zu erhalten.
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