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Start-ups auf der EUHA 2025: Drei junge Anbieter im Fokus der Hörakustik

Die diesjährige EUHA in Nürnberg zeigte einmal mehr die Relevanz junger Technologieunternehmen für die Zukunft der Hörakustik. Neben etablierten Herstellern präsentierten sich auch mehrere Start-ups mit Ideen, die digitale Prozesse, Produktion und Datenmanagement im Fachbetrieb neu denken. Drei davon – AKmira Optronics, PERFI Technologies und OtoConsult – verdeutlichen, wie vielfältig die Innovationsansätze in der Branche inzwischen sind.

Start-ups auf der EUHA 2025: Drei junge Anbieter im Fokus der Hörakustik
Start-ups auf der EUHA 2025: Drei junge Anbieter im Fokus der Hörakustik – Hier zu sehen: Ein Vortrag von AKmira Optronics

Während dem EUHA-Kongress 2025 präsentierten sich mehrere Start-ups mit innovativen Lösungen für die Hörakustikbranche. Drei davon – AKmira Optronics, PERFI Technologies und OtoConsult (Audiqueen) – waren für Fachpublikum besonders interessant, da sie mit unterschiedlichen technologischen Ansätzen in Klanganpassung, Messdatenmanagement und Produktion von Otoplastiken ansetzen. Im Folgenden ein Überblick über ihre Konzepte, Potenziale und Herausforderungen.

AKmira Optronics: Optische, berührungslose 3D-Messung des Gehörgangs

© Akmira Optronics
© AKmira Optronics

Die Potsdamer Firma AKmira Optronics hat mit ihrem „AKuris“-Scanner eine Technologie entwickelt, die eine dreidimensionale Erfassung des Gehörgangs ohne direkten physischen Kontakt ermöglichen soll. Die technische Grundlage beruht auf optischer Holografie bzw. Interferenzmessungen, wodurch Entfernungsinformationen unabhängig vom Abstand generiert werden sollen. Bei der Messung kann das Gerät auch Sub-Surface-Informationen bis etwa drei Millimeter tief liefern.

Hörakustikern ermöglicht diese Methode, präzise Otoplastiken oder Im-Ohr-Geräte auf Basis einer digitalen Form zu erzeugen, ohne klassische Abdrücke nehmen zu müssen. Diese kontaktlose Messung soll zudem die Produktion von Otoplastiken erleichtern.

Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass das Verfahren potenziell schneller, hygienischer und mit weniger manuellen Zwischenschritten einsetzbar ist. Gleichzeitig bestehen technische Herausforderungen: Die Stabilität der Messung bei unterschiedlichen akustischen Oberflächen, die Kalibrierung gegenüber bekannten Standards und die Integration in bestehende Workflows sind Faktoren, die sich in der Praxis bewähren müssen.

AKmira optronics GmbH präsentiert
AKuris - Der neuartige EarScanner (© AKmira optronics)
AKmira optronics GmbH präsentiert AKuris – Der neuartige EarScanner (© AKmira Optronics)

PERFI Technologies: Volumetrischer 3D-Druck in Minuten

PERFI Technologies ist ein dänisches Start-up, das eine volumetrische 3D-Drucktechnologie (VAM, Volumetric Additive Manufacturing) für den Einsatz in der Hörakustik entwickelt. Das Ziel ist die Herstellung personalisierter Otoplastiken sowie Hörschutz- oder In-Ear-Komponenten in nur kurzer Zeit – im Idealfall innerhalb einer Stunde.

Im Gegensatz zu schichtweisen Verfahren (Layer-by-Layer) erlaubt VAM eine kontinuierliche Aushärtung des Volumens, was Materialabfall, Stützstrukturen und Nachbearbeitung reduzieren kann. Diese Technologie soll eine dezentralisierte Fertigung ermöglichen, etwa direkt im Fachbetrieb oder sogar am Behandlungsstuhl.

Für Hörakustiker ergibt sich daraus das Potenzial, Otoplastiken schneller anzubieten, Werkstattprozesse zu verkürzen und bessere Individualisierung zu ermöglichen. Allerdings sind die Validierung sowie mechanische Eigenschaften der Materialien, Langzeitstabilität und Zertifizierung zu prüfen, bevor ein breiter Einsatz möglich ist.

Volumetric printing von PERFI Technologies (© PERFI Technologies)
Volumetrischer 3D-Druck von PERFI Technologies (© PERFI Technologies)

OtoConsult / Audiqueen: Datenmanagement für Messprotokolle

Das belgische Unternehmen OtoConsult präsentiert mit seiner Softwarelösung Audiqueen ein System zur Organisation audiologischer Messdaten. Audiqueen verbindet sich mit Messgeräten wie Audiometer, Tympanometer, Endoskop, evoked potentials und mehr, und importiert Messwerte automatisch ins System. Der Ansatz zielt darauf ab, Schnittstellenprobleme zu reduzieren und Messaufzeichnungen besser vergleichbar zu machen, indem Ergebnisse synchronisiert und in wählbaren Formaten exportiert werden können (z. B. Word, PowerPoint).

Vorteile dieses Ansatzes liegen in der Effizienzsteigerung der Dokumentation, Vermeidung manueller Übertragungsfehler und Integration in praxisrelevante Systeme. Kritisch sind dabei die Kompatibilität zu bereits genutzten Systemen, Datenschutzaspekte und Usability in der täglichen Anwendung. Darüber hinaus engagiert sich OtoConsult in Projekten wie OPTI-FOX zur Optimierung von Cochlea-Implantat-Anpassungen unter Nutzung automatisierter Tests und KI-Komponenten.

Chancen, Risiken und Perspektiven für Hörakustiker

Dass während des EUHA-Kongresses gezielt Start-ups in den Fokus gerückt werden, unterstreicht die Anerkennung innovativer Technologien als wichtiger Impulsgeber für die Branche. Für Hörakustiker bieten diese Lösungen Chancen, Servicezeiten zu verkürzen, Genauigkeit zu erhöhen und digitale Arbeitsabläufe stärker zu vernetzen. Im Alltag stellt sich gleichzeitig immer auch die Frage, wie gut diese Anwendungen in bestehende Prozesse integriert werden können, wie praktikabel sie im Tagesgeschäft sind und wie sich die Investitionskosten im Verhältnis zum Ertrag verhalten.

Einige zentrale Themen stehen dabei auf dem Prüfstand: Zum einen ist die Zuverlässigkeit in der Anwendung entscheidend – es stellt sich die Frage, ob Messungen oder Druckergebnisse in Serie konsistent reproduzierbar sein werden. Hinzu kommt die Thematik technischer Schnittstellen, also ob die neuen Systeme mit bereits eingesetzten Geräten und Softwareumgebungen tatsächlich reibungslos funktionieren. Auch die regulatorische Zulassung und die Materialprüfung spielen eine wichtige Rolle, da sämtliche verwendeten Materialien und Verfahren den medizinischen Anforderungen genügen müssen. Schließlich bleibt für kleinere Betriebe ein verlässlicher Support besonders wichtig, vor allem im Hinblick auf mögliche Störungen und regelmäßige Updates.

Und nicht zuletzt gilt die Präsentation dieser Start-ups auf der EUHA 2025 – auch unabhängig vom unmittelbaren Einsatz – als Indikator, in welche Richtung sich Teile der Hörakustik weiterentwickeln könnten: Mehr Automatisierung, Digitalisierung und integrierte Workflows.

Die vorgestellten Start-ups verdeutlichen, dass die Hörakustik zunehmend an der Schnittstelle von Handwerk, Digitalisierung und Automatisierung arbeitet. Ob optische 3D-Messung, volumetrischer 3D-Druck oder datengetriebenes Messmanagement – alle Ansätze zielen darauf, Prozesse effizienter und präziser zu gestalten. Für Betriebe bleibt entscheidend, inwieweit sich diese Technologien in den Praxisalltag integrieren lassen und welchen konkreten Mehrwert sie langfristig bieten. Die EUHA zeigt damit nicht nur den aktuellen Stand der Technik, sondern auch, wie offen die Branche für neue Wege geworden ist.

Zum Nachlesen: AKmira – 3D Holographic, perfi.dk, Otoconsult