Weshalb wollen so viele schwerhörige Menschen eigentlich keine Hörgeräte tragen? Als Branchenkenner schießen einem bei dieser Frage sofort Antworten in den Kopf: Stigma, hohe Kosten, fehlende Aufklärung. Aber ist das wirklich so? Um den Gründen für die Versorgungslücke einmal ganz wissenschaftlich fundiert auf die Schliche zu kommen, hat sich nun ein Forschungsteam zusammengefunden: Das Projekt HearForFuture möchte gezielt strukturelle und prozessuale Schwachstellen bei der Hörgeräteversorgung identifizieren – und daraus handfeste Lösungen entwickeln.

Erste wissenschaftliche Analyse ihrer Art: Gründe für die Hörgeräte-Versorgungslücke:
Es gab in Vergangenheit bereits einige Studien, welche die Unterversorgung mit Hörgeräten untersuchten. Das Vorhaben von HearForFuture ist jedoch bislang einmalig: Zum ersten Mal wird diese Problematik systematisch und multidisziplinär analysiert – und zwar mit einer Kombination aus Krankenkassendaten, qualitativen Interviews und einer deutschlandweiten Befragung. Statt sich nur auf einzelne Aspekte zu konzentrieren – zum Beispiel psychologische Barrieren oder ökonomische Hürden – soll nun alle Aspekte einbezogen werden.
Um die aktuelle Versorgungslage zu erfassen, werden Krankenkassendaten sowie Daten aus der Qualitätssicherung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ausgewertet. Dabei sollen individuelle Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Begleiterkrankungen und regionale Unterschiede herausgearbeitet werden. Durch diese systematische Analyse lässt sich erstmals wissenschaftlich fundiert bestimmen, welche Gruppen besonders von einer Unterversorgung betroffen sind und warum.
Schwerhörigen-Studie: Erfahrungen von Betroffenen und Fachkräften im Fokus
Zusätzlich zu den quantitativen Daten wird ein qualitativer Ansatz verfolgt. In Fokusgruppeninterviews werden schwerhörige Menschen, Patientenvertretungen, Akustikerinnen und Akustiker sowie HNO-Ärztinnen und -Ärzte befragt. Dabei geht es darum, hemmende und fördernde Faktoren in der Versorgungspraxis zu identifizieren. Welche Hürden erleben Betroffene auf dem Weg zur Hörgeräteversorgung? Wo sehen Fachleute Probleme in den Versorgungsstrukturen?
Basierend auf diesen Erkenntnissen wird ein bundesweiter quantitativer Fragebogen entwickelt, um eine großflächige Datenerhebung durchzuführen. Hierbei werden sowohl Menschen mit Hörminderung als auch HNO-Ärzte befragt. Ein weiterer Aspekt des Projekts ist die Untersuchung des tatsächlichen Nutzungsverhaltens: In einer Untergruppe der Studienteilnehmenden werden sowohl die subjektive als auch die objektive Qualität der Hörgeräteversorgung ermittelt.
Handlungsempfehlungen für eine bessere Versorgung mit Hörgeräten
Die abschließende Phase des Projekts umfasst einen interdisziplinären Workshop, in dem die gewonnenen Erkenntnisse gemeinsam mit Betroffenen und Fachleuten diskutiert werden. Ziel ist es, auf Basis der Ergebnisse konkrete Handlungsempfehlungen für eine zukunftsorientierte, praxistaugliche Hörversorgung zu entwickeln. Besonders im Fokus steht dabei die Verbesserung der Versorgungssituation für altersbedingt schwerhörige Menschen.
HearForFuture: Förderung mit 1,3 Millionen Euro
Das Projekt HearForFuture wird mit insgesamt 1,3 Millionen Euro über zweieinhalb Jahre gefördert. Beteiligt sind renommierte Partner aus Forschung und Praxis: der AOK Bundesverband, die Fliedner Fachhochschule Düsseldorf, die Hochschule Aalen, die Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main sowie das Universitätsklinikum Erlangen.
Sollte das Projekt erfolgreich sein, könnte daraus ein praxistaugliches Versorgungskonzept entstehen, das langfristig dazu beiträgt, die Hörversorgung in Deutschland zu optimieren. Wir halten Sie auf dem Laufenden!
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