Die Menopause und die vorangehende Perimenopause bringen zahlreiche körperliche Veränderungen mit sich. Viele Frauen berichten in dieser Zeit nicht nur von typischen Beschwerden wie Hitzewallungen oder Schlafstörungen, sondern auch von Hörproblemen oder Tinnitus. Die Frage, ob der Rückgang der Hormonproduktion während der Menopause das Gehör beeinträchtigt, ist ein Thema intensiver Forschung. Ebenso wird untersucht, ob eine Hormonersatztherapie (HRT) das Risiko von Hörverlust reduzieren kann.

Wie beeinflusst ein sinkender Östrogenspiegel das Gehör?
Studien deuten darauf hin, dass der sinkende Östrogenspiegel eine Rolle bei der Hörverschlechterung spielen könnte. Eine Untersuchung von 1.830 postmenopausalen Frauen zeigte, dass diejenigen mit niedrigerem Estradiolspiegel häufiger von Hörverlust betroffen waren. Eine 2023 veröffentlichte Übersichtsarbeit zu geschlechtsspezifischen Unterschieden beim Hören ergab, dass Frauen zwar insgesamt eine bessere Hörempfindlichkeit als Männer haben, diese jedoch mit Beginn der Menopause rapide abnimmt.
Darüber hinaus fand eine Studie des Drexel College of Medicine heraus, dass ein niedriger Östrogenspiegel die Verarbeitung von Hörsignalen im Gehirn beeinflussen kann. Laut Prof. Robert Sataloff, Vorsitzender der Abteilung für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde am Drexel College of Medicine, hat Östrogen eine schützende Wirkung auf das Gehörsystem, die nach der Menopause wegfällt.
Hormonersatztherapie: Schutz oder Risiko für das Gehör?
Ob HRT das Risiko für Hörverlust senkt oder erhöht, ist noch nicht eindeutig geklärt. Eine Studie im „American Journal of Obstetrics and Gynecology“ legt nahe, dass Östrogen den altersbedingten Hörverlust verzögern kann.
Doch eine große Metaanalyse ergab gegenteilige Ergebnisse: Frauen, die über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren HRT einnahmen, hatten ein um 15 % erhöhtes Risiko für Hörverlust. Besonders betroffen waren Frauen, die östrogenhaltige Medikamente oder Kombinationspräparate mit Progesteron einnahmen. Das Risiko stieg mit der Dauer der HRT-Nutzung.
Warum beeinflusst die Menopause das Gehör?
Obwohl bekannt ist, dass das Innenohr Östrogenrezeptoren besitzt, bleibt unklar, wie genau das Hormon das Hörvermögen beeinflusst. Forschungen zeigen, dass sich das Gehör während des Menstruationszyklus verändern kann – während der Periode berichten einige Frauen von geringerer Hörempfindlichkeit. In der Perimenopause, also den Jahren vor der Menopause, nimmt die Östrogenproduktion allmählich ab. In den letzten ein bis zwei Jahren vor dem Ende der Menstruation sinkt der Hormonspiegel dann rapide.
Progesteron, das eine regulierende Funktion zur Östrogenproduktion hat, beginnt bereits in den Dreißigern zu sinken. Obwohl Progesteron selbst das Innenohr nicht direkt beeinflusst, könnte es die Wirkung von Östrogen auf die Durchblutung des Innenohrs abschwächen.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Menopausenalter und Hörverlust?
Man könnte annehmen, dass Frauen, die später in die Menopause kommen, ein geringeres Risiko für Hörverlust haben, da sie länger von einem hohen Östrogenspiegel profitieren. Eine große Untersuchung mit 81.000 Teilnehmerinnen ergab jedoch das Gegenteil: Frauen mit später Menopause hatten ein um 10 % erhöhtes Risiko für Hörverlust. Die genauen Ursachen dafür sind noch nicht geklärt.
Hormonersatztherapie und Tinnitus: Gibt es einen Zusammenhang?
Der Einfluss von HRT auf Tinnitus ist ebenfalls Gegenstand der Forschung. Einige Frauen berichten, dass sich mit Beginn der HRT Tinnitus-Symptome entwickeln, während andere eine Verbesserung erleben. Die Forschung hierzu steckt jedoch noch in den Kinderschuhen.
Laut Dr. Sharon Curhan, Epidemiologin am Brigham and Women’s Hospital in Boston, ist es entscheidend, die individuellen Risikofaktoren besser zu verstehen. Sie untersucht derzeit, inwieweit Menopause und HRT mit Tinnitus zusammenhängen.
Was können Frauen tun, um ihr Gehör zu schützen?
Eine gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung sind nicht nur für das allgemeine Wohlbefinden, sondern auch für das Gehör von Bedeutung. Studien zeigen, dass eine mediterrane oder DASH-Diät mit einem geringeren Risiko für Hörverlust einhergeht. Frauen, die vermehrt Fisch, Gemüse und Vollkornprodukte konsumieren, haben ein besseres Hörvermögen als solche, die viele stark verarbeitete Lebensmittel zu sich nehmen.
Auch bestimmte Medikamente können das Gehör beeinträchtigen. Die Forschung von Dr. Curhan zeigt, dass die regelmäßige Einnahme von Schmerzmitteln wie Ibuprofen oder Paracetamol mit einem erhöhten Risiko für Hörverlust verbunden sein kann.
Regelmäßige Hörtests und das Vermeiden von lauten Umgebungen tragen ebenfalls zur Erhaltung des Gehörs bei. Sollten Hörprobleme auftreten, ist eine frühzeitige Versorgung mit Hörgeräten wichtig, um weitere Verschlechterungen zu verhindern.