Ein internationales Forschungsteam hat in einer aktuellen Studie untersucht, wie sich biologische und umweltbedingte Einflüsse auf die Sensitivität des menschlichen Gehörs auswirken. Die Ergebnisse, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Scientific Reports, zeigen, dass nicht nur das Geschlecht, sondern auch Umweltbedingungen wie geografische Lage, Höhenlage und Urbanisierung eine messbare Rolle bei der Funktion der Cochlea spielen.

Für die Untersuchung wurden Daten von 448 gesunden Erwachsenen aus 13 Bevölkerungsgruppen in fünf Ländern (Ecuador, England, Gabun, Südafrika und Usbekistan) ausgewertet. Die Teilnehmenden lebten in sehr unterschiedlichen ökologischen und kulturellen Umfeldern – von städtisch bis ländlich, von Meeresspiegelhöhe bis zu Hochlagen. Zur Erfassung der Hörsensitivität nutzten die Forschenden Transiente Evozierte Otoakustische Emissionen (TEOAE), ein nichtinvasives Verfahren zur Beurteilung der Funktion der äußeren Haarzellen in der Cochlea.
Geschlechtsunterschiede im Hörvermögen: Messbare Differenzen in der Amplitude
Die Studie zeigt, dass das Geschlecht einen signifikanten Einfluss auf die Amplituden der TEOAE hat. Frauen zeigten im Durchschnitt bis zu 2 Dezibel höhere Werte als Männer. Diese Differenz bestätigt frühere Annahmen über geschlechtsspezifische Unterschiede im peripheren Hörsystem und liefert neue, populationsübergreifende Belege dafür.
Umweltfaktoren als dominante Einflussgröße auf das Hörspektrum
Besonders deutlich fiel der Einfluss von Umweltbedingungen auf. So variierten die TEOAE-Amplituden zwischen den untersuchten Populationen um bis zu 3,6 Dezibel – ein Effekt, der größer war als der geschlechtsspezifische Unterschied. Das Frequenzspektrum der Hörantworten war ausschließlich durch Umweltfaktoren geprägt, insbesondere durch geografische und klimatische Unterschiede sowie den Grad der Urbanisierung.
In städtischen Gebieten sind Menschen kontinuierlich einer Vielzahl von Geräuschen ausgesetzt, wie Verkehrslärm, Baustellen und anderen urbanen Klangquellen. Diese permanente Lärmbelastung kann zu einer Anpassung des Gehörs führen, bei der die Cochlea, das Hörorgan im Innenohr, ihre Empfindlichkeit gegenüber bestimmten Frequenzen verändert. Konkret zeigen Studien, dass in urbanen Umgebungen die Hörprofile tendenziell zu höheren Frequenzen verschoben sind, möglicherweise als Reaktion auf die allgegenwärtigen niederfrequenten Hintergrundgeräusche der Stadt.
Im Gegensatz dazu erleben Menschen in ländlichen oder tropischen Regionen oft eine ruhigere akustische Umgebung mit natürlicheren Geräuschen. Diese Bedingungen können zu einer höheren allgemeinen Hörsensitivität führen, da das Gehör weniger durch konstante Lärmbelastung beansprucht wird und somit empfindlicher auf eine breitere Palette von Frequenzen reagieren kann .
Die Ergebnisse unterstreichen, dass die menschliche Sinneswahrnehmung nicht allein biologisch determiniert ist, sondern in komplexem Zusammenspiel mit Umweltfaktoren steht. Dies könnte langfristig Auswirkungen auf personalisierte Ansätze in der audiovisuellen Gesundheitsversorgung haben – insbesondere in einer zunehmend vernetzten, globalen Bevölkerung. Hier gehts zur vollständigen Studie.
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