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Studie: Ein Drittel aller Demenzfälle sind möglicherweise auf Schwerhörigkeit zurückzuführen

Ein Drittel der Demenzerkrankungen könnte mit Schwerhörigkeit zusammenhängen – besonders bei Menschen mit bereits erhöhtem Risiko. Eine neue, im Fachjournal JAMA Otolaryngology–Head & Neck Surgery veröffentlichte Studie hat Hinweise darauf geliefert, dass unbehandelter Hörverlust bei Personen mit einem bereits bestehenden Demenzrisiko eine weitaus größere Rolle spielen könnte als bislang angenommen.

Studie - ein Drittel aller Demenzfälle sind möglicherweise auf Schwerhörigkeit zurückzuführen

Fokus: Kognitive Reserve und Hörentzug

Die Studienautoren um Dr. Nicholas S. Reed von der Johns Hopkins University untersuchten Daten von mehr als 2.400 Erwachsenen im Alter von 65 Jahren und älter, die über einen Zeitraum von fast 10 Jahren begleitet wurden. Ihr Ziel war es, die Wechselwirkungen zwischen Hörminderung, demografischen und gesundheitlichen Risikofaktoren und dem späteren Auftreten von Demenz zu analysieren.

Die zentrale These: Wenn Menschen bereits andere Risikofaktoren für Demenz mitbringen – wie etwa Bluthochdruck, Diabetes, Rauchen oder niedrige Bildung – kann eine unbehandelte Schwerhörigkeit den kognitiven Abbau zusätzlich beschleunigen. Der mögliche Mechanismus dahinter: eine verminderte „kognitive Reserve“ durch reduzierte sensorische Stimulation, kombiniert mit sozialem Rückzug und verminderter Alltagsaktivität.

Ein Drittel der Fälle mit erhöhtem Demenz-Risiko potenziell beeinflussbar?

Die zentrale Zahl, die Aufmerksamkeit erzeugt: In der Subgruppe der Personen mit erhöhtem Demenzrisiko war unbehandelter Hörverlust bei etwa 33% der später auftretenden Demenzfälle potenziell mitverantwortlich. Wichtig dabei: Die Studie weist nicht auf eine direkte Kausalität hin, sondern auf eine starke Assoziation – insbesondere in einem Setting multipler Risikofaktoren.

„Diese Erkenntnis unterstreicht die Notwendigkeit frühzeitiger audiologischer Interventionen – vor allem bei Menschen mit bereits bekannten Risikofaktoren“, sagte Co-Autorin Jennifer A. Deal laut HearingTracker. Die Studienautorinnen plädieren für einen systematischen Ansatz in der geriatrischen Prävention, in dem auch die Versorgung mit Hörhilfen frühzeitig integriert ist.

Demenz und Hörverlust: Einordnung im Kontext früherer Forschung

Die neue Publikation ergänzt die Ergebnisse einer Meta-Analyse aus dem Jahr 2022 (JAMA Neurology), die Hörverlust bereits als einen der stärksten modifizierbaren Risikofaktoren für Demenz identifiziert hatte. Neu ist jedoch der differenzierte Blick auf Personengruppen mit erhöhter Vulnerabilität – und das konkrete Ausmaß, in dem Hörverlust zum Ausbruch der Erkrankung beitragen könnte.

Relevanz für die Hörakustik: Früherkennung und Versorgung stärker in den Fokus

Für die Hörakustikbranche bedeutet diese Entwicklung vor allem eines: Die präventive Bedeutung von Hörsystemen könnte in der medizinischen Versorgung älterer Menschen weiter an Relevanz gewinnen. Insbesondere in Zusammenarbeit mit Hausärzten, Geriatern und Pflegeeinrichtungen könnte die frühzeitige Versorgung ein integraler Bestandteil individueller Demenzprävention werden.

Wie sich diese Erkenntnisse auf Leitlinien, Versorgungspfade und das öffentliche Gesundheitsbewusstsein auswirken, bleibt abzuwarten. Für Akustiker aber gilt bereits jetzt: Die Bedeutung einer umfassenden Hörberatung – auch jenseits der reinen Technik – wird durch diese Daten noch einmal klarer unterstrichen.

Quelle: https://jamanetwork.com/journals/jamaotolaryngology/fullarticle/2832869