Die Bombe ist heute Morgen geplatzt. Und sie war laut und durchaus erschütternd. Demant kündigt die größte Übernahme seiner Unternehmensgeschichte an und wird damit ganz nebenbei Retail-Marktführer in Deutschland: Mit etwa 900 Fachbetrieben! Damit zieht Demant an der Sonova Gruppe vorbei, die mit Geers deutschlandweit auf 750 Fachgeschäfte kommt. Für die Übernahme der KIND Gruppe mit ihren insgesamt 650 Fachgeschäften wechseln 700 Millionen Euro den Besitzer. Die Transaktion markiert nicht nur einen strategischen Meilenstein für Demant, sondern könnte auch die Marktstruktur im deutschen Hörakustiksektor dauerhaft verändern. KIND – bisher familiengeführt – soll vollständig integriert werden.

KIND-Übernahme: Ein historischer Deal – zumindest für Demant
Wie Demant heute mitteilte, hat das Unternehmen eine Vereinbarung zur vollständigen Übernahme der KIND Gruppe unterzeichnet. Der Kaufpreis beläuft sich auf 700 Millionen Euro, auf cash- und schuldenfreier Basis. Die Transaktion soll in der zweiten Jahreshälfte 2025 abgeschlossen werden und steht noch unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Genehmigungen. Nach Angaben des Unternehmens handelt es sich um die größte Akquisition in der Geschichte von Demant.
Mit der Übernahme steigt die Zahl der weltweiten Hörgeräte-Fachgeschäfte im Demant-Netzwerk auf mehr als 4.500. Allein durch KIND kommen rund 650 Standorte in Deutschland, in der Schweiz, Österreich, Luxemburg und Singapur hinzu.
Erst im Januar hatte Demant die OHRWERK Hörgeräte GmbH von der NORD Holding übernommen (wir berichteten). Mit Audika und OHRWERK überschritt Demant damit in Deutschland die 300er-Marke. Zählt man die schätzungsweise 600 deutschen KIND-Standorte hinzu, wächst die Gruppe auf etwa 900 Filialen in Deutschland – die 1000 sind also zum Greifen nah.
Statements: Demant möchte verlässlicher Partner für unabhängige Hörakustiker bleiben
Der bisherige Geschäftsführer und Eigentümer Dr. Alexander Kind äußerte sich wie folgt: „Als Familienunternehmen war es stets unsere oberste Verantwortung, den langfristigen Erfolg und die Stabilität unseres Unternehmens zu sichern. Durch den Zusammenschluss mit Demant haben wir den idealen Partner gefunden, um unser Lebenswerk in die Zukunft zu führen. Die Verbindung beider Unternehmen sichert eine führende Position im deutschen Hörakustikmarkt. Demant bringt die Stärke, Größe und Expertise mit, um nachhaltigen Wert für unsere Mitarbeitenden, unsere Kundinnen und Kunden sowie das Unternehmen insgesamt zu schaffen. Unser Unternehmen ist nun besser für die Zukunft aufgestellt – und in den bestmöglichen Händen. Als Familie empfinden wir große Zuversicht, dass die Werte, auf denen unser Unternehmen aufgebaut wurde, auch weiterhin Bestand haben werden.”

© Demant
Søren Nielsen, CEO von Demant, spricht von einem historischen Moment für beide Unternehmen. Die Übernahme von KIND sei ein strategisch idealer Schritt, da beide Unternehmen gemeinsame Werte wie Vertrauen, Fürsorge und Innovationskraft teilen. Die Verbindung von KINDs starker Marke mit Demants globaler Reichweite und technologischer Kompetenz stelle eine perfekte Ergänzung dar. Ziel sei es, das internationale Netzwerk von Hörakustik-Fachgeschäften gezielt auszubauen, um möglichst vielen Menschen mit Hörverlust durch individuelle Versorgung zu helfen – und dabei weiterhin ein verlässlicher Partner für unabhängige Hörakustiker zu bleiben.
Was passiert nun mit KIND Augenoptik?
Laut dem aktuellen Branchenbericht des Zentralverbands der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) für das Jahr 2023 betreibt KIND in Deutschland 146 Augenoptik-Fachgeschäfte. Diese Zahl bezieht sich auf reine oder kombinierte Standorte, an denen Augenoptik-Leistungen (wie Brillenverkauf und Sehtests) angeboten werden. KIND ist damit einer der größten augenoptischen Filialisten in Deutschland, liegt aber deutlich hinter den Marktführern wie Fielmann und Apollo Optik. Dieser Unternehmensbereich wäre für Demant neu.
Ausbau der Marktstellung in Deutschland
Für Demant bedeutet der Schritt einen enormen Zugewinn an Marktanteil, insbesondere im für die Branche zentralen deutschen Markt. Dieser zählt zu den größten weltweit, mit jährlich rund 1,7 Millionen verkauften Hörgeräten. Demant ist in Deutschland bereits seit Jahren aktiv, bislang jedoch mit deutlich geringerer Sichtbarkeit im Filialbereich. Die Übernahme von KIND katapultiert das Unternehmen auf einen Schlag in eine führende Position im deutschen Einzelhandel für Hörgeräteversorgung.
Laut Demant-Präsident Søren Nielsen sei die Akquisition nicht nur ein strategischer Gewinn, sondern ein konsequenter Schritt im Rahmen der langfristigen Unternehmensziele. Auch Niels Wagner, Präsident der globalen Hearing-Care-Sparte bei Demant, sieht großes Potenzial in der Eingliederung der neuen Kolleginnen und Kollegen sowie in der Weiterentwicklung des Geschäfts.
Finanzielle Kennzahlen und Ausblick
Die Akquisition wird vollständig durch Fremdkapital finanziert. Im Zuge dessen hat Demant sein laufendes Aktienrückkaufprogramm mit sofortiger Wirkung ausgesetzt. Die Prognose für das Geschäftsjahr 2025 bleibt laut Unternehmensangaben unverändert, vorbehaltlich des erfolgreichen Abschlusses der Transaktion.
KIND soll bereits ab 2026 einen Umsatzbeitrag von rund 300 Millionen Euro leisten. Mittelfristig wird ein EBIT-Margenbeitrag im mittleren zweistelligen Prozentbereich erwartet. Die vollständige Realisierung der geplanten Synergien wird für 2028 anvisiert.
Ein neues Kräfteverhältnis im deutschen Hörakustikmarkt
Mit der geplanten Übernahme von KIND positioniert sich Demant komplett neu – global, aber vor allem auch im deutschen Kernmarkt. Die Transaktion ist ein klarer Ausdruck eines konsolidierenden Marktes, in dem vertikal integrierte Unternehmen zunehmend das Tempo bestimmen. KIND positionierte sich über Jahrzehnte hinweg als Synonym für inhabergeführte, qualitätsorientierte Hörversorgung in Deutschland. Ob dieser Charakter unter neuer Eigentümerschaft bestehen bleibt, wird sich zeigen. Fest steht jedoch: Der Wettbewerb um Marktanteile, Personal und Kundenbindung dürfte sich in den kommenden Jahren spürbar verschärfen.
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