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Sonovas neues Logistikzentrum in Erfurt: Interview mit CEO Arnd Kaldowski und GVP Ludger Althoff

Am 2. Juli 2024 war es soweit: Sonova feierte die Eröffnung seines neuen Distributionszentrums in Erfurt. pro.meinhoergeraet.de war vor Ort und hatte die Gelegenheit, mit Sonova-CEO Arnd Kaldowski und GVP Operations and Quality Ludger Althoff zu sprechen. In einem exklusiven Interview erklärten sie die Beweggründe für die Standortwahl, die zukünftigen Pläne und die Auswirkungen des neuen Zentrums auf Hörakustiker und Endkunden.

Sonovas neues Logistikzentrum in Erfurt Interview mit CEO Arnd Kaldowski und GVP Ludger Althoff
Links: Sonova-CEO Arnd Kaldowski, Mitte: GVP Operations and Quality Ludger Althoff.

Eröffnung: Europäisches Logistikzentrum in Erfurt

Seit Anfang Juli ist es offiziell: In Erfurt, Thüringen, steht ein neues Logistikzentrum des Hörgeräte-Giganten Sonova. Auf 9.200 Quadratmetern sollen künftig bis zu 120 Mitarbeitern mehrere tausend Bestellungen pro Tag verarbeiten und versenden. Aktuell sind es knapp 50 Mitarbeiter, es verlaufe alles nach Plan. „In Betrieb ist das Distributionszentrum bereits seit April. Wir haben damals mit dem Versand nach Schweden und Finnland gestartet. Seit kurzem ist auch Österreich dabei und so langsam auch Deutschland“, erklärte uns Senior Manager Logistics Alexander Arpasi vor Ort.

Sonova Logistikzentrum Eröffnung

Der feierlichen Eröffnungsveranstaltung wohnten neben ausgewählten Gästen und Mitakteuren die Mitarbeiter des Distributionszentrum bei, genauso wie die Regional- und Fachpresse. Sonova CEO Arnd Kaldowski und GVP Operations and Quality Ludger Althoff reisten aus der Schweiz an, um ein paar Worte vor dem Plenum zu verlieren.

Eine Führung durch die gewaltige Lagerhalle ließ im Anschluss erahnen, wo die Reise einmal hingehen soll: „Aktuell setzen wir noch bewusst auf Handarbeit. Sobald die Prozesse klarer werden, werden wir all das zunehmend automatisieren“, so Arpasi. Man stecke im Lernprozess, immerhin sei man Neuling im Bereich Lagerung und Versand. Sich in diesen Bereichen autark zu machen, sei eine riesige Investition in die Zukunft, was auch Ludger Althoff im anschließenden Interview verdeutlichte.

Sonovas erstes Distributionscenter: Warum Deutschland?

Sonova Logistikzentrum Gänge

Von Althoff und CEO Arnd Kaldowski wollten wir zunächst jedoch wissen: Warum gerade Deutschland? „Wir glauben, dass wir von hier aus 80 Prozent aller Länder in Europa über den Landweg abdecken können: die BeNeLux-Länder, Norditalien, ganz Skandinavien und natürlich unsere wichtigsten Märkte Deutschland und Frankreich“, erklärte Kaldowski.

Der neue Standort in Erfurt sei künftig der Haupthub für Europa. Hier liege man mitten im Zentrum Europas: „Das Ruhrgebiet zum Beispiel besitzt mit 8 Millionen Einwohnern die höchste Bevölkerungsdichte in Europa. Auch Berlin ist nicht weit weg mit seinen 3,5 Millionen, dazu das bevölkerungsreiche Norditalien und eben die skandinavischen Länder – und all das ist über die Straße erreichbar.“

Allein in Deutschland habe man mehr als 700 Geers Stores vor Ort sowie das deutsche Sonova Headquarter in Fellbach, im Norden Stuttgart. Und im direkten Umfeld von Erfurt sitzt der zu Sonova zugehörige Otoplastikhersteller Audia sowie der CI-Hersteller Advanced Bionics, der ebenfalls eine Tochter des Unternehmens ist. Ein weiterer Vorteil des Standorts Erfurt im Speziellen: der nahegelegene internationale Flughafen Leipzig. Dort kämen die Produkte an, die schließlich ins Logistikzentrum verfrachtet und von dort aus nach ganz Europa verteilt würden.

Erfurt als Mitte Europas

Diese Zentralität würde einiges finanziell wett machen, behauptete Althoff: „Natürlich gibt es Länder, wo die Kosten für einen solchen Standort niedriger sind, aber man darf die Kosten der Verteilung nicht unterschätzen. Diese sind die höchsten in der Logistik – nicht die Personalkosten im Lager. Wir haben uns deswegen überlegt: Wo ist der optimale Standort, um in der Summe aller Kunden die kürzesten Distanzen zu haben. Denn das führt zu schnelleren Umschlagzeiten, aber eben auch zu niedrigeren Kosten.“

Dass man 80 Prozent über die Straße erreiche, käme nicht zuletzt auch dem CO2-Fußabdruck des Unternehmens zugute, wie Althoff ergänzte: „Auch wenn man sich oft ärgert, wenn LKWs die Straßen verstopfen, ist das immer noch um Faktor 10 besser als Fliegen.“

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Die Kernkompetenz in Zukunft muss die Distribution sein

Zum ersten Mal setzt Sonova ein solch ambitioniertes Logistikprojekt um: Das Thema Lagerung und Versand verantwortete nämlich bislang in das Logistikunternehmen Arvato. All das nun selbst zu übernehmen, sei für Sonova von großem Vorteil, wie Kaldowski erklärte: „Kunden sind ja mittlerweile an Lieferfähigkeiten gewohnt, wie wir sie von Amazon und Co. kennen, mitsamt der vollen Nachvollziehbarkeit. Noch dazu muss jedes Paket heute genauso schick sein, genauso ökologisch sein, wie man es von Apple kennt. Diese Anforderungen kannte man vor 15 Jahren noch nicht. Das alles führt dazu, dass wir heute die volle Prozesskontrolle haben möchten.“

„Zuverlässige, schnelle Lieferungen an die Kunden werden immer wichtiger – das sind schon jetzt Kernkriterien – und das kann man viel besser erreichen, wenn man diese Kernkompetenzen selbst aufbaut und erweitert. Bei externen Anbietern hat man immer Schnittstellen: Bei den Computersystemen, bei der Übergabe der Informationen, etc. Wir glauben eben, dass die Kernkompetenz in Zukunft die Distribution sein muss“, ergänzte Althoff.

Schutz vor Hacker-Angriffen

Er fuhr fort: „Wenn wir eigene Distributionszentren haben, bei denen alle Computer miteinander verbunden sind, sind wir natürlich auch besser gegen Hacker-Angriffe gesichert. Das hat einige unserer Wettbewerber ja ganz schön getroffen. Auch daran können wir gezielter arbeiten, uns besser abschotten, Synergien und Redundanzen schaffen. Von daher: Es gibt viele verschiedene Beweggründe, warum es wichtig ist, die Distribution selbst zu übernehmen.“

Bis das Logistikzentrum seine volle Stärke erreicht haben werde, lerne man noch viel dazu. „Deswegen gehen wir auch Land für Land vor“, so Kaldowski. „Über Schweden haben wir bereits Kundenzufriedenheitsanalysen: Jede Woche schauen wir auf das Feedback der Kunden. Das gleiche machen wir in Finnland und von nun an auch mit unseren Geers-Geschäften in Deutschland. Wir wollen jetzt erst einmal schauen, wie das mit der Logistik läuft.“

Zukunftsaussichten und weitere Standorte

Weitere Standorte, beispielsweise für Fertigung oder Qualitätsmanagement, habe Sonova in Deutschland demnach nicht geplant, wenngleich dies für die Zukunft nicht auszuschließen sei, wie Althoff bestätigte. Womöglich benötige man zukünftig jedoch weitere Unterverteilungen – beispielsweise in Spanien. „Das soll aber nicht heißen, dass wir dann zum Beispiel den Standort Erfurt wieder einschmelzen, weil wir in Frankreich einen weiteren Hub eröffnet haben“, beschwichtigte Kaldowski.

Es gehe vielmehr darum, ein Distributionsnetzwerk aufzubauen. Und das am besten auf Schienen, wie sich Althoff für die Zukunft wünschte: „Ich hoffe, dass Deutschland diese Probleme auf die Reihe bekommt. Dann könnten wir europaweit über das Schienennetz liefern. Das wäre noch einmal eine Riesenentlastung – finanziell und für die Umwelt.“

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