Hörverlust betrifft weltweit Millionen Menschen und geht oft über die Symptome hinaus, die durch klassische Hörtests erfasst werden. Bis zu 10 % der Menschen mit Hörproblemen haben Beschwerden, die mit herkömmlichen Methoden nicht diagnostiziert werden können. Forschende der Universität Pittsburgh haben nun eine innovative Methode entwickelt, die „versteckte“ Hörstörungen aufdecken kann und neue Perspektiven für die Behandlung eröffnet.
Die Grenzen klassischer Hörtests
Traditionelle Hörtests, wie das reine Ton-Audiogramm, messen vor allem die Funktion des Innenohrs an der Hörschwelle. Hörprobleme, die bei normalem Audiogramm auftreten, insbesondere Schwierigkeiten, Gespräche in lauten Umgebungen zu verstehen, bleiben dabei oft unerkannt. Dies wird als „versteckter Hörverlust“ bezeichnet und ist meist auf neuronale Defizite zurückzuführen.
Ein Forschungsteam unter der Leitung von Dr. Aravindakshan Parthasarathy hat in einer Studie, die kürzlich in Nature Communications Biology veröffentlicht wurde, eine neue Methode zur schnellen und präzisen Messung solcher neuronalen Defizite vorgestellt.
Die Rolle der Envelope-Following-Response (EFR)
Im Zentrum der Forschung steht die sogenannte Envelope-Following-Response (EFR), eine neuronale Reaktion auf zeitliche Signalveränderungen in der Lautstärke. Diese Methode erlaubt es, die Verarbeitung dynamischer Reize entlang des gesamten Hörpfads zu untersuchen.
Die von den Forschenden entwickelte Technik nutzt dynamisch amplitudenmodulierte (dAM) Stimuli, die eine deutlich schnellere und genauere Analyse ermöglichen. Im Vergleich zu bisherigen Ansätzen verkürzt sich die Testzeit um das Fünffache, während die spektrale und zeitliche Auflösung um das 30-Fache verbessert wird.
„Unser Ansatz verbessert das Signal-Rausch-Verhältnis und bietet eine robuste Methode, um zu messen, wie das auditive System dynamische Reize verarbeitet“, erklärt Dr. Parthasarathy.
Mehr als Hörverlust: Potenzial für neurodegenerative Erkrankungen
Die Fortschritte in der EFR-Diagnostik haben nicht nur Bedeutung für Hörstörungen. Forschende sehen darin auch Potenzial als Biomarker für neurologische Erkrankungen wie Alzheimer oder leichte kognitive Beeinträchtigungen. Frühzeitige Anzeichen für neuronale Degeneration könnten durch diese Methode präziser und schneller erkannt werden.
Von der Forschung zur Praxis
Die neue Methode hat das Potenzial, klinische Ansätze im Bereich der Hörgesundheit zu verändern. Neben der Diagnose von verstecktem Hörverlust könnten dAM-basierte EFR-Messungen künftig genutzt werden, um Therapien zu überwachen und die neurodegenerative Entwicklung zu bewerten.
„Die Innovation in der Diagnostik ist dringend nötig, um den Bedürfnissen von Patientinnen und Patienten mit verstecktem Hörverlust gerecht zu werden“, betont das Forschungsteam. Mit der Weiterentwicklung dieser Technologie könnten Kliniken bald über ein leistungsfähiges Werkzeug verfügen, das nicht nur Hörprobleme präziser diagnostiziert, sondern auch eine Grundlage für die frühzeitige Behandlung neurodegenerativer Erkrankungen schafft.
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