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MySound und SoundSense Learn – Die künstliche Intelligenz in Widex-Hörgeräten

„Künstliche Intelligenz“ klingt futuristisch, ist heute aber völlig normal: In Hörgeräten hilft sie einerseits bei der Verarbeitung riesiger Datensätze – wie wir im letzten Teil unserer KI-Serie bereits feststellen durften. Sie kann aber auch in vielen weiteren Bereichen eine Rolle spielen. Widex nutzt KI, um die Hörgeräte auch noch während der Nutzung an die Gewohnheiten des Trägers anzupassen. Die Funktionen MySound und SoundSense Learn sind damit die Antwort des Herstellers auf den immer größer werdenden Personalisierungs-Trend.

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Eine Situation, verschiedene Intentionen

Simon Müller, audiologisch-wissenschaftlicher Leiter von Widex, erklärte in einem Fachartikel, worum es bei Widex‘ Idee der Personalisierung geht – oder auch, wieso es sinnvoll ist, das Hörgerät während der Nutzung weiterlernen zu lassen. Was der Nutzer hören möchte, ist nicht immer von der objektiven Geräuschsituation abhängig. Es kommt vor, dass Leute in derselben Klangumgebung unterschiedliche Dinge hören möchten: Jemand, der sich in einer Bar mit Freunden trifft, hat in diesem Moment andere Anforderungen an die Hörgeräte als jemand, der dort ein Buch lesen möchte. Hier setzt die Widex-KI ein.

Personalisierte Klangeinstellungen

Widex-MySound
Hilfe zur Selbsthilfe: Der Widex Moment-Nutzer hat die Möglichkeit, sich in schwierigen Hörsituationen die Klangeinstellungen mithilfe von Künstlicher Intelligenz anpassen zu lassen.
© Widex

SoundSense Learn sammelt seit seinem Start 2018 Informationen zu Hörsituationen – und zwar die aus dem echten Leben der Nutzer. Setzt sich der Hörgeräteträger in die Bar, möchte aber lesen, statt sich zu unterhalten, kann er sich von SoundSense Learn alternative Einstellungsvorschläge geben lassen. Von jeweils zwei Direktvergleichen wählt der Nutzer den besseren aus, solange bis er mit der Höreinstellung zufrieden ist. Das ideale Ergebnis ist laut Herstellerangaben nach weniger als 15 Vergleichen erreicht. Diese Einstellung kann als Profil in der App gespeichert werden und ist damit auch zukünftig in ähnlichen Situationen schnell abrufbar.

Erst in diesem Jahr hat Widex diese Art der Klangpersonalisierung um eine weitere Funktion ergänzt: MySound nutzt die weltweit mit SoundSense Learn gesammelten Daten, um noch schneller zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Statt bis zu 15 A/B-Vergleichen, werden zwei Optionen vorgeschlagen, die auf den Ergebnissen aller Nutzer weltweit basieren. In 79 Prozent der Fälle führt bereits einer dieser beiden Vorschläge zum gewünschten Ergebnis.

Was macht SoundSense Learn und MySound intelligent?

Der Volksmund bezeichnet Geräte oder Technologien häufig dann als intelligent, wenn diese sinnvolle Entscheidungen treffen können. Tatsächlich werden viele dieser Technologien statisch trainiert und sind daher in diesem Sinne nicht intelligent. Ein statisches Trainingsverfahren bei Hörgeräten kann so aussehen: In Zuge der Entwicklung wird der Chip mit einer Vielzahl von Klangbeispielen trainiert, um in so vielen Situationen wie möglich beispielsweise Sprache herausfiltern zu können. In der Praxis erkennt das Hörgerät die vorherrschende Geräuschsituation, indem es sie mit den trainierten Klangbeispielen vergleicht.

Statisches Training ist abgeschlossen, sobald der Chip fertig ist. Die Funktionen SoundSense Learn und MySound werden hingegen dynamisch trainiert, sie lernen also während der Nutzung der Hörgeräte weiter. Durch den A/B-Vergleich bei SoundSense Learn lernt das Hörsystem, welche Einstellungen wann und wo am besten passen und merkt es sich für ähnliche Situationen in der Zukunft. Es lernt den Nutzer und sein Verhalten also mit jedem Mal besser kennen. Und MySound als logische Schlussfolgerung stellt die Erfahrungen aller Nutzer weltweit dem einzelnen zur Verfügung.

Intelligente Hörgeräte der Zukunft

Widex kommt dem Ziel, das Hören für Schwerhörige komfortabler und intuitiver zu machen, schon sehr nahe. Vom Hören wie mit gesundem Gehör kann aber selbstverständlich noch nicht die Rede sein. Doch auch hier macht die Hörgeräteentwicklung aktuell große Fortschritte. Einem deutschen Unternehmen gelang es, mithilfe von EEG die Gehirnströme einzubeziehen und damit besonders natürliches Richtungshören zu schaffen. Vielleicht wird das Hörgerät der Zukunft auch bei der Beurteilung unserer Bar-Szene die Gehirnströme zu Rate ziehen – Wer weiß?

Zum Weiterlesen: Duale künstliche Intelligenz ermöglicht Fortschritte für die Klangoptimierung

Titelbild-Hintergrund: Photo by Michael Dziedzic on Unsplash

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