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Labor-Insides: Das Wonderful Sound Lab von WS Audiology

Hörakustiker, die bereits während Signias Be Brilliant Visits das WS Audiology-Werk in Erlangen besichtigt haben, kennen das Wonderful Sound Lab: Es war Teil der Führung durch die Forschungslabore. Von diesem besonderen Labor waren nicht nur wir beeindruckt. Deshalb besuchten wir es erneut – diesmal mit mehr Zeit und Fragen im Gepäck. Vor Ort hatten wir die Gelegenheit, mit Sebastian Best zu sprechen. Er ist Leiter des Audiology Expert Teams von WS Audiology und hat das besondere Labor mitinitiiert und -entwickelt.

Labor-Insides Das Wonderful Sound Lab von WS Audiology

45 Lautsprecher sind an den Wänden, der Decke und dem Boden des Wonderful Sound Labs installiert, sechs davon sind beweglich und können für die Simulation weiterer Sprecher genutzt werden. Hinzu kommen 24 direktionale Mikrofone sowie Klangabsorber. Dieses technische Zusammenspiel ist nicht nur in der Lage, Aufnahmen von Klangumgebungen wiederzugeben, sondern dabei auch die Geräusche einzubeziehen, die im Raum selbst verursacht werden. Die gesamte Raumakustik kann im Wonderful Sound Lab verändert werden – und so hallen Schritte, ein Händeklatschen und auch die Stimme plötzlich so wie in der Kirche.

Das Wonderful Sound Lab war essentiell für die Entwicklung von Signia IX

Signia Wonderful Sound Lab Forschung

„Es ist ein bisschen wie mit der Fotografie: Früher hat man das Ergebnis erst nach dem Entwickeln gesehen. Heute sieht man sofort, was man da macht“, vergleicht Sebastian Best, Leiter des Audiology Expert Teams am WSAudiology-Standort in Erlangen. Das 2020 fertiggestellte Wonderful Sound Lab ist das neueste Labor vor Ort. Es ermöglicht ein Entwickeln in Echtzeit. Das heißt: Die Wissenschaftler schrauben an ihren Algorithmen, während sie sich direkt im Park, in der Kirche oder an der Straßenkreuzung befinden – jedenfalls virtuell. Sie sehen so sofort, wie sich die Algorithmen in den gewünschten Umgebungen verhalten.

Wonderful Sound Lab sechs bewegliche Lautsprecher
Bis zu sechs bewegliche Lautsprecher können weitere Sprecher simulieren.

Es liegt auf der Hand, dass vor allem das Signia IX-Feature Auto EchoShield ausgiebig in diesem Labor getestet und optimiert wurde. Aber das gilt auch für andere IX-Features: Die Multi-Beamformer-Technologie wäre ohne dieses Labor so nicht umsetzbar gewesen. Allein an dieser habe man zwei Jahre entwickelt – beinahe jeden Tag arbeiteten Forscher im Wonderful Sound Lab.

„Meistens saßen einige unserer Ingenieure in verschiedenen Gesprächskonstellationen um den Tisch herum und haben dabei das System optimiert“, gibt Best Einblicke. „Wichtige Kriterien waren dabei einerseits, möglichst schnell einen Sprecher zu detektieren und gleichzeitig zu verhindern, dass es Fehldetektionen gibt. Da es hier sehr auf das Verhalten der einzelnen Sprecher in der Gruppe ankommt, dauert es lange, bis man alle möglichen Situationen – leise, laute, deutliche, undeutliche, einzelne, mehrere Stimmen – optimiert hat. Im nächsten Schritt haben wir das dann mit verschieden Versuchspersonen außerhalb der Entwicklung und natürlich mit Schwerhörigen getestet.“

Wonderful Sound Lab: Allround-Labor für jede Entwicklungsphase

Generell komme das Labor in allen Phasen der Hörgeräteentwicklung zum Einsatz, sagt Sebastian Best: „Das Labor ermöglicht uns sehr früh in der Entwicklung unsere Algorithmen in Echtzeit in realistisch simulierten Umgebungen zu testen. So wissen wir schon bevor wir eine neuen Chip bauen, wie er später in der echten Welt klingen wird.“

Steckt eine Technologie noch in den Kinderschuhen, sieht man im Wonderful Sound Lab daher oft viele Entwickler, die sich unterhalten, diskutieren, an Parametern schrauben. Sebastian Best beschreibt: „Bereits bei einem frühen Prototypen kann man Kollegen zum Hineinhören einladen – sie können einem dann schonmal bestätigen, ob man das richtige tut. In jeder Phase versuchen wir hier zu lernen, wie sich die neue Technologie in verschiedenen echten Situationen verhält.“

Die Außenwelt ins Labor bringen

Im Wonderful Sound Lab ist man also relativ einfach in der Lage, das Hörgerät in der Situation zu entwickeln, in der es später auch operiert. Zuvor war das mit größerem Aufwand verbunden. „Früher sind wir dann eben selbst in Cafés gegangen, aber das ist allein organisatorisch herausfordernd. Und dazu kommt, dass so eine echte Situation nicht reproduzierbar ist. An einem Tag ist viel los, am anderen weniger. Außerdem sieht es nicht jeder Cafébetreiber gerne, wenn dort jeden Tag ein Haufen Wissenschaftler vor ihren Laptops sitzt“, lacht Best.

Die echte Welt ersetze das Labor natürlich nicht komplett, sagt Sebastian Best, am Ende gehe man trotzdem noch hinaus. „Aber im Alltag macht es das einfacher. Und was sich bisher bestätigte: Wenn wir dann in der echten Welt waren, gab es keine Überraschungen mehr. Die Algorithmen, die wir im Wonderful Sound Lab entwickelten, funktionierten auch in der Realität.“

Design-Labor für Ohr und Auge

Wonderful Sound Lab Labor Design

Was sofort ins Auge fällt – auch im Vergleich zu den anderen Laboren: Das Wonderful Sound Lab wurde auch optisch ansprechend gestaltet. Sämtliche Technik ist hinter schalltransparenten Wänden versteckt. Und auch das habe triftige Gründe, wie Sebastian Best uns erzählt: „Man ist in einem angenehmen Umfeld kreativer – und hat dann vielleicht auch andere Ideen. Das ist vor allem in der frühen Phase wichtig. Eine schöne Umgebung ist inspirierend.“

Der Einfluss des Labordesigns macht sich aber auch bei Probandentests bemerkbar, die üblicherweise gegen Ende der Entwicklung abgehalten werden. „Wenn man Tests durchführt, die das echte Leben abbilden sollen, muss man die Probanden in eine Umgebung bringen, in welcher sie sich wohlfühlen“, erklärt Best. „In einem sterilen, klinischen Setting ist man ganz anders drauf. Deswegen hatten wir auch die Idee, dass man die Technik möglichst nicht sehen soll. Wir wollten einen Raum kreieren, in dem man sich schnell so verhält wie im Alltag.“

Und auf das Verhalten der Menschen hat auch die Raumakustik wiederum einen enormen Einfluss. Das demonstrierte Sebastian Best, indem er den geringen Raumhall, den wir zuvor nicht einmal wahrgenommen hatten, kurzerhand ausschaltete. „Wird die Raumakustik trocken, fühlt man sich plötzlich unwohl“, kommentierte er. Und wir spürten das deutlich – achteten plötzlich mehr auf unsere Stimmen, mussten uns räuspern, Sprechen fühlte sich mühsamer an. „Wenn wir aber die Raumakustik an die Umgebungsgeräusche anpassen, fühlt es sich für das Gehirn sehr schnell natürlich an – und man verhält sich eben sehr schnell so, wie man sich in der Situation wirklich verhalten würde.“

Das Wonderful Sound Lab wirkt überhaupt nicht wie ein Labor: Dieses mühelose Eintauchen in unterschiedlichste Situationen beeindruckt und begeistert auch ohne jeden wissenschaftlichen Kontext. Das findet auch Sebastian Best: „Manchmal genießen wir es auch einfach, in einer echten Konzertsaalakustik Musik zu hören oder in einer Naturumgebung wie einem Park einen Kaffee zu trinken.“ Das Wonderful Sound Lab schafft eine Brücke zwischen Labor und Realität – und letztendlich sorgt es dafür, dass neu entwickelte Algorithmen nicht nur in der Theorie, sondern auch im Alltag des Hörgeräteträgers zuverlässig funktionieren.