„Die Otoplastik am Hörgerät ist wie der Reifen am Auto“, so Felix Ehrhardt, Abteilungschef des Marketing bei Hörluchs. Passend dazu präsentierte Hörluchs auf der EUHA vor ein paar Jahren tatsächlich einen Porsche mit Holzrädern: Ohne Ohrpassstück kann eben auch das beste Hörgerät nicht die volle Leistung auffahren. Otoplastikhersteller sind gewissermaßen die stillen Helden der Hörgerätebranche – Grund genug für uns, einen von ihnen kennen zu lernen: Wir haben Hörluchs in seiner fränkischen Heimat Hersbruck besucht.
Otoplastikgigant in fränkischer Idylle
Von den meinhoergeraet.de-Offices in Nürnberg bis zum Hörluchs-Headquarter ist es nur ein Katzensprung. Nach halbstündiger S-Bahn-Fahrt erreichten wir den Bahnhof des idyllischen Hersbrucks, wo Felix Ehrhardt, Head of Marketing, bereits auf uns wartete. Dann ging es im E-Bulli zum neuen Hörluchs-Standort – der so neu gar nicht mehr ist. „2019 sind wir innerhalb des Ortes umgezogen“, erklärte uns Martin Baumann vor Ort, der die technische Betriebsleitung innehat und uns gemeinsam mit Felix Ehrhardt durch den Tag begleitete.
Das Produktions- und Bürogebäude trägt Hörluchs-Rot als Akzentfarbe und beherbergt über 150 Mitarbeiter. Martin Baumann hat sein modernes Büro im zweiten Stock, kennt es aber auch anders: Er hat fünf Jahre im Fachgeschäft gearbeitet und kam dann 2012 zu Hörluchs, wo nur 12 Kollegen angestellt waren.
„Auf Augenhöhe von Hörakustiker zu Hörakustiker“
Unter Baumann fing man an, am eigenen Rechner zu modellieren: „Hörluchs gehört zu den ersten, die die Software Cyfex bestellt haben.“ Zunächst gab es die Sparte Gehörschutz, dann das ICP – das erste Hörgerät, das für den Lärmschutz zertifiziert wurde – und schließlich die SE-Otoplastiken, für die Hörluchs heute bekannt ist. Mit Custom In-Ears oder dem Hörluchs Campus, auf dem jährlich über 1.500 Personen in Präsenz und online geschult werden, hat sich das Unternehmen noch breiter aufgestellt. „Unser oberstes Ziel ist es, Kundenwünsche zu erfüllen – auf Augenhöhe von Hörakustiker zu Hörakustiker“, betonte Martin Baumann. „Der Aufbau der eigenständigen Audiologie war dabei der Schlüssel, um auf die Bedürfnisse unserer Partner individuell eingehen zu können. Mittlerweile sind in der Abteilung sieben Hörakustiker und Hörakustikerinnen beschäftigt.“
Heute werden bei Hörluchs pro Tag etwa 1200 Aufträge abgefertigt, davon 750 mit SE-Otoplastiken. Distribuiert wird in über 5.000 Filialen nach Deutschland, Österreich, in die Schweiz und in die Benelux-Länder – alles von Hersbruck aus. Für Hörluchs aber kein Grund abzuheben. Das Unternehmen, das einst in einem Bauernhaus startete – dort befindet sich nun der Hörluchs Campus – hat die Grundeinstellung behalten: Familiarität und die Begeisterung für die Sache.
„Titan für alle!“
Hörluchs war nicht das erste Otoplastik-Unternehmen, das den Werkstoff Titan für sich entdeckt hat. Dennoch gelang es dem Familienbetrieb, die Herstellung so zu optimieren, dass sie sich finanziell für alle Beteiligten lohnt: Statt aufwändigen Gussverfahrens werden die Ohrpassstücke gelasert. 4 Stunden lang trägt ein 3D-Drucker Schicht für Schicht das Material auf. Pro Druckvorgang entstehen so 25 bis 35 Otoplastiken. Ein Ohrpasstück aus Titan kostet den Akustiker im Einkauf nur 15 € mehr als eine Otoplastik aus dem Premiumwerkstoff 3D THERMOtec®. Zum Vergleich: Früher hat ein im Gussverfahren hergestelltes Ohrstück aus Titan im Einkauf etwa 180 € gekostet. Nicht ohne Grund versprach Hörluchs zur Markteinführung der Titanotoplastiken Anfang 2021 „Titan für alle!“
Und das kommt an: Titan gewinnt zunehmend an Beliebtheit in den Fachgeschäften und bei den Endkunden. „Mittlerweile liegt der Anteil bei uns zwischen sieben und zehn Prozent. Am Anfang lag er ungefähr bei drei Prozent. Wir bieten sogar Online-Fräskurse für Titan an“, erklärte uns Martin Baumann. Und Felix Ehrhardt ergänzte: „Bei Titan ist die Mund-zu-Mund-Propaganda besonders stark. Die Menschen bekommen so langsam ein anderes Bewusstsein für gutes Hören und wollen immer häufiger Otoplastiken, die man sieht – so als Statement. Das ist gut für die Branche: Man kann sich mittlerweile mit seinem Hörgerät identifizieren.“
Und auch die Mitarbeiter stehen voll dahinter. Die Idee, die Titan-Otoplastiken einzufärben, entstand zum Beispiel aus der Initiative eines Mitarbeiters heraus, wie Martin Baumann erzählte: „Er hat eines Tages gefragt, ob er ein paar Dummies mit nachhause nehmen dürfe. Eine Woche später kam er wieder und hatte eine Möglichkeit gefunden, wie man Titan einfärbt. Er hatte sich in seiner Freizeit intensiv mit dem Werkstoff beschäftigt und eine Lösung geliefert. Das zeigt die Begeisterung unserer Mitarbeiter und das wird belohnt: Mittlerweile ist Mathias Diersch Abteilungsleiter des Produktmanagements.“
„Am Ende zählt, dass der Kunde die bestmögliche Lösung bekommt“
Für Martin Baumann gilt die Devise: „Egal, was du machst. Open, Cymbaline, ganz egal – am Ende zählt, dass der Kunde die bestmögliche Lösung bekommt.“ Dass all das letztlich auch vom Abdruck des Hörakustikers abhängt, ist klar. Die Digitalisierung dieses Prozesses liegt Hörluchs daher sehr am Herzen. Von den 70 Prozent der Kunden, die ihre Auftrage online einsenden, besitzen immerhin 35 Prozent einen eigenen Scanner und verschicken nicht mehr den klassischen Abdruck per Post. „Das wollen wir weiter voranbringen“, sagte Felix Ehrhardt.
„Deshalb haben wir sogar ein Belohnungssystem für diejenigen eingeführt, die ihre Abdrücke digital einsenden: Die Hörluchs Coins. Wir haben die bekannten Wertmarken digitalisiert, machen das beliebte Rabattsystem damit nachhaltig und können flexibel auf unsere Partner-Kunden eingehen“, erklärte Felix Ehrhardt. „Das wird auch gerne genutzt, da gibt es viele Prämien – wenn man genug gesammelt hat, sogar ein iPad.“
So geht’s weiter mit Hörluchs
Hörluchs hat in den letzten Jahren stark expandiert. „Gleichzeitig muss auch die Produktion wachsen. Das ist gar nicht so einfach“, erklärte Baumann. „Schließlich möchten wir weiterhin ein verlässlicher Partner mit guten Lieferzeiten und hoher Qualität sein. Dazu gehört auch ein hochwertiger und ehrlicher Service.“ Trotzdem: „Wer weiß, was kommt. Vor fünf Jahren hatten wir schließlich noch gar keine Export-Abteilung.“ Innerhalb von Deutschland habe man durchaus noch Ambitionen: „Bis 2025 wollen wir das komplette Bundesgebiet mit Außendienstmitarbeitern besetzt haben, um noch näher an unseren Partnern zu sein.“
Inmitten der malerischen Kulisse von Hersbruck hat Hörluchs eine familiäre Atmosphäre bewahrt – obwohl der Hersteller heute für viele Hörakustiker zu den Top-Anbietern für SE-Otoplastiken, Gehörschutz und Custom In-Ears gehört – Nicht nur, erinnerte Felix Ehrhardt zum Schluss noch einmal: „Bei Hörluchs bekommen Hörakustiker auch Laborausstattung und Gebrauchsartikel. Viele bestellen bislang bei uns die Otoplastik und den Rest dann woanders – dabei könnten sie auch einfach alles aus einer Hand bei Hörluchs bestellen!“
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