Die RIC-Bauweise dominiert den Hörgerätemarkt. Doch ausgerechnet die lange in Deutschland unterschätzen Im-Ohr-Modelle wirbeln den Wettkampf unter den Bauformen gehörig auf – und das, nachdem wir uns noch Anfang 2021 ernsthaft Sorgen um die „Maßanzüge für die Ohren“ gemacht haben. Schließlich fehlten wichtige Schlüsseltechnologien: Insbesondere die Kombination Akku und Bluetooth. Aber mittlerweile liefern Hersteller wie Starkey, Signia und GN genau genug Gründe für Bewegung im IdO-Segment. Dem Vormarsch der IdOs steht nun also nicht mehr allzu viel im Wege.
Akkus und Bluetooth in Im-Ohr-Hörsystemen waren einmal undenkbar. IdOs sollten möglichst klein und unsichtbar sein, da war kein Platz für eine Bluetooth-Spule – zumal durch die Position tief im Ohr ohnehin keine stabile Verbindung zustande käme. Bei wiederaufladbaren Akkus stand man vor einer ganz anderen Aufgabe: Wie bekommt man es hin, dass ein maßangefertigtes Hörgerät in eine standardisierte Ladestation passt?
2020 gelang dem Hörgerätehersteller Starkey schließlich das vermeintlich Unmögliche: Er konnte sich mit dem wiederaufladbaren IdO Livio Edge AI als Vorreiter positionieren. Im September 2021 legte Signia mit dem Insio AX nach. Und vor kurzem bekam Platzhirsch Starkey auch noch von GN Hearing Konkurrenz: Das Custom made by ReSound ist das dritte IdO, das Li-Ionen-Akku und Bluetooth in sich vereint.
Schlicht wie modern: ReSounds Custom-IdO
Das Design von Custom made by ReSound hat wenig mit dem klassischer IdOs zu tun. Oberste Priorität hat weiterhin Diskretion, was mittlerweile jedoch nicht mehr Unsichtbarkeit bedeuten müsse, sagt GNs US-amerikanische Audiologie-Chefin Laurel Christensen: „Discreetness can be hiding-in-plain-sight“, Diskretion kann Verstecken in der Öffentlichkeit bedeuten. Was Christensen damit meint: Unser Alltagsbild ist geprägt von Menschen mit Bluetooth-Earbuds in den Ohren, wieso also nicht die Hörgeräte entsprechend anpassen?
Sinnbildlich steht diese Aussage für einen Paradigmenwechsel: Funktion und Komfort schlägt Unsichtbarkeit. Dieser Ansatz ist zwar nicht neu – nicht nur Signia hat diese Karte gespielt, zuletzt beim Insio AX und erst recht beim Active. Trotzdem gelang GN der Balanceact zwischen angenehm schlicht und zeitlich modern auf ganz eigene Art.
Was das Hörsystem technisch besonders macht, ist der wiederaufladbare Akku – gerade bei Im-Ohr-Hörsystemen schwierig umzusetzen. Denn die Maßanfertigung erschwert eine einheitliche Positionierung im Charger und damit die passende Ausrichtung der Ladekontakte. Um diese Aufgabe zu lösen hat der Hersteller Signia beim Insio AX extra eine neue Art der Magnetresonanzladung entwickelt, durch die die Hörsysteme ohne bestimmte Ausrichtung im Charger verlustarm laden können.
ReSound hat eine einfachere aber nicht minder effektive Lösung gefunden: Passend zu den individuellen Im-Ohr-Hörsystemen wird nämlich ein austauschbares Inlay angefertigt, das in die standardisierte Ladeschale eingeklickt wird. Es garantiert, dass die IdOs festsitzen und die Ladekontakte an Schale und Hörsystem genau abschließen.
Custom made by ReSound – das steckt sonst darin
Die neuen Akku-IdOs von ReSound überzeugen nicht nur mit Design, sondern auch mit Funktion: Eine volle Aufladung genügt, um das Hörsystem 24 Stunden am Stück nutzen zu können, auch bei Dauerstreaming. Die Ladeschale selbst hat eine integrierte Powerbank, wodurch die Hörgeräte auch unterwegs aufgeladen werden können.
Vorgestellt wurde Custom made by ReSound in edlem Anthrazit, wer es jedoch lieber klassisch möchte, der hat die Wahl aus fünf verschiedenen Haut- und Haartönen. Wichtig für den Alltag: Die Hörsysteme sind schweiß- und wetterresistent. Das ist ein weiterer Vorteil des fest verbauten Akkus, denn so kann keine Flüssigkeit mehr durch eine Batterielade eindringen. Das Hörgerät ist in zwei Varianten erhältlich: ITE Vollschale und ITE-Halbschale, je nachdem, welche Passform gewünscht ist.
Im-Ohr-Hörsysteme, die Grenzen sprengen
Beim Thema Im-Ohr-Hörgeräte kommt man nicht am Hersteller Audio Service vorbei. Und genau dieser steht aktuell ebenfalls mit einer Akku-Lösung in den Startlöchern. Die Besonderheit hier: Das tune-Konzept. Es erlaubt ein Wechseln der verschiedenen Preisklassen innerhalb nur eines Gerätes. Das ist bei maßangepassten Im-Ohr-Hörgeräten äußerst nützlich, denn so können bereits während der Ausprobe die verschiedenen Technologiestufen im Alltag vergleichen und nach Kauf auch upgegradet werden.
Erst Starkey, dann Signia, dann GN ReSound – die Entwicklungsstadien auf dem Weg zum modernen Im-Ohr-Hörsystem sind am Design der Hörsysteme klar zu erkennen: Starkey präsentierte sich immerhin bereits in edlem schwarz, um die Nähe zum Bluetooth-Kopfhörer zu betonen, gibt sich ansonsten aber recht klassisch. Signia setzte bei der Präsentation des Insio AX ebenfalls auf schwarz, überzeugt jedoch mit zeitgemäß minimalistischer Faceplate und neuem Charger-Design, beides bereits sehr Earbud-like. GN ReSound scheint diese Entwicklung beim neuen Custom-IdO zu vollenden und gibt sich mit seinem klaren Earbud-Design gleichzeitig schlicht wie mutig. Wer weiß – vielleicht sieht so ja der neue Standard aus.
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