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Freelancer in der Hörakustik: eine Kampfansage an den Fachkräftemangel!

In der Medienbranche wird das Arbeitskonzept des Freelancers häufig und gerne gelebt. Flexibilität, Abwechslungsreichtum und Unabhängigkeit sind Argumente, die gegenüber vielen Personen für sich sprechen – prädestiniert für Berufe, deren einziges Arbeitsmaterial der Laptop ist. Meint man. Doch unser Nachbarland, die Niederlande, zeigt, dass das auch in anderen Berufen funktioniert. Auch, wenn wir uns das hierzulande kaum vorstellen können, gehören „freelancende“ Hörakustiker dort bereits zur gelebten Praxis. Und auch in Deutschland könnte das Konzept aufgehen.

Bild: Freelancer in der Hörakustik: eine Kampfansage an den Fachkräftemangel!
Hörakustik-Freelancer Silvia Boender (l.) und Maarten Dijkstra (r.) haben die Vermittlungsagentur Schakelear auf die Beine gestellt, die Freiberuflern und Betrieben bei der Suche hilft.

Der Fachkräftemangel in der Hörakustik ist nicht nur in Deutschland spürbar. Auch in den Niederlanden gibt es immer mehr ältere Menschen. Gleichzeitig interessieren sich immer weniger junge Leute für den Beruf, während immer mehr Akustiker die Branche verlassen. Dort etabliert sich jedoch nun allmählich ein Modell, das das Berufsbild auch in Deutschland attraktiver machen könnte: der Hörakustik-Freelancer.

Vorteile für Freiberufler und Betriebe

Nicht als Angestellter und auch nicht als Chef eines eigenen Fachgeschäfts, sondern auf selbstständiger Basis für verschiedene Betriebe arbeitet man als Freelancer in der Hörakustik. Die entscheidenden Vorteile: Man wählt selbst, wo und bei wem man wie lange arbeitet. Und weil man in die unterschiedlichsten Betriebe eintaucht, lernt man viele Blickwinkel kennen und kann daraus seine ganz eigene Best Practice entwickeln. Auch die Vorteile für die Betriebe liegen auf der Hand: Personalmangel aufgrund von Krankheitsausfällen, Elternzeiten oder schlicht zu wenigen Bewerbern kann auf diese Weise leicht überbrückt werden.

Mehr Freiheit im Beruf

Gewagt hat diesen Schritt zum Beispiel der Niederländer Maarten Dijkstra. Er war kurz davor, seinen geliebten Beruf hinzuschmeißen: „Der Markt ist so angespannt, der Druck ist enorm. Sobald jemand krank war, war das ein Problem. Diese zunehmende Arbeitsbelastung hat mir den Spaß an meinem Beruf genommen und ich denke, vielen anderen Akustikern geht es genauso.“ Dann hat er beschlossen, dem ganzen eine zweite Chance zu geben, aber unter anderen Bedingungen: „Als Freiberufler erfahre ich mehr Ruhe, weniger Arbeitsdruck und die Freiheit, meine Arbeit selbst zu planen. Gleichzeitig habe ich sofort gemerkt, dass die Nachfrage unglaublich hoch ist und ich den Kunden oft ein Nein verkaufen muss.“

Freelancing ist nicht für jeden geeignet

Dass eine solche flexible Lösung nicht für jeden etwas ist, weiß der Freelancer: „Man muss unabhängig und sehr diszipliniert arbeiten. Man darf die Verwaltung nicht aufschieben, sondern muss alles auf Anhieb richtig erledigen. Außerdem muss man sich auf jeden Termin gut vorbereiten, da man den Betrieb oft vorher noch nicht gesehen hat.“

Niederländische Plattform Schakelear leistet Pionierarbeit

Ein Freelancer in der Hörakustik genießt die Unabhängigkeit eines Selbstständigen, ohne sich an ein Fachgeschäft binden zu müssen – und ohne allzu viel Geld investieren zu müssen. Um Fans dieses Modells weiter zu unterstützen, hat Maarten Dijkstra gemeinsam mit seiner Geschäftspartnerin Silvia Boender das Portal Schakelear gegründet, eine Vermittlungs-Plattform für freiberufliche Hörakustiker. Sie soll das Sich-Finden und Kontaktieren allen Seiten so leicht wie möglich machen: Den unabhängigen Freelancern und den Betrieben in Not. Das Team hat das Portal am 3. März 2023, dem Welttag des Hörens, der Hörgeräteindustrie vorgestellt. Schakelear ist übrigens ein Kofferwort aus dem niederländischen „Schakelaar“, Schalter, und dem englischen „ear“, Ohr.

Auch in Deutschland macht sich gerade eine Veränderung des Hörakustik-Berufsfeldes breit. Denn unbestreitbar ist: Auf den Fachkräftemangel muss man reagieren. Das geschieht hierzulande zum Beispiel mit einem wachsenden Angebot für Quereinsteiger in Form von Hörberater-Ausbildungen – mit großem Erfolg. Die Hörakustik als Freiberuflichkeit zu begreifen, klingt zugegeben ungewöhnlich. In Zeiten von Vier-Tage-Woche und Co. könnte diese Option jedoch Anreize für junge Menschen, aber auch bereits etablierte Hörakustiker schaffen, die ihrem Alltag mehr Freiheiten schenken wollen.

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