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Forschung: Wissenschaftler erschaffen Mäuse mit Supergehör

Wissenschaftler haben in einem Forschungsprojekt die Synapsen in den Haarzellen von Mäusen manipuliert und beeindruckende Erkenntnisse gewonnen: Nicht nur gelang es ihnen, das Hörvermögen junger, gesunder Mäuse auf ein übernatürliches Maß anzuheben. Die Forscher stellten auch Verbindungen zwischen der Synapsendichte und dem Phänomen Versteckter Hörverlust her.

Forschung Wissenschaftler erschaffen Mäuse mit Supergehör
Foto von Pixabay: https://www.pexels.com/de-de/foto/weisse-babymaus-159483/

Durchbruch in der Hörforschung: Maus-Studie enthüllt Ursachen für versteckte Schwerhörigkeit

Forschern des Kresge Hearing Research Institute der Michigan Medicine, gelang es bereits in früheren Studien, das Gehör von älteren Mäusen nach einem akustischen Trauma zu wiederherzustellen – durch eine Erhöhung der Menge des sogenannten neurotrophen Faktor Neurotrophin-3 im Innenohr. In einer weiteren Studie wurde dieser Ansatz nun auf junge Mäuse mit gesundem Gehör angewendet. Das Ergebnis ist beeindruckend: Die Mäuse entwickelten ein Hörvermögen, das über das natürliche Niveau hinausgeht.

Dr. Gabriel Corfas, der als Direktor des Kresge Instituts das Projekt leitete, fasst zusammen: „Wir wussten, dass die Bereitstellung von Ntf3 im Innenohr junger Mäuse die Anzahl der Synapsen zwischen den inneren Haarzellen und den auditorischen Neuronen erhöht, aber wir wussten nicht, wie sich mehr Synapsen auf das Hören auswirken würden. Jetzt konnten wir zeigen, dass Tiere mit zusätzlichen inneren Ohr-Synapsen zwar normale Schwellenwerte besitzen, aber auditive Information auf übernatürliche Weise verarbeiten können.“

Methodik und Ergebnisse

In der Studie veränderten die Forscher die Expression von Ntf3, um die Anzahl der Synapsen zwischen den inneren Haarzellen und den Neuronen zu manipulieren. Innere Haarzellen, die sich in der Cochlea befinden, wandeln Schallwellen in Signale um, die über diese Synapsen an das Gehirn gesendet werden. Die Synapsendichte der in zwei Gruppen aufgeteilten Mäuse wurde für die Studie entweder reduziert oder erhöht.

Beide Gruppen durchliefen den sogenannten Gap-Prepulse-Inhibitionstest, der die Fähigkeit zur Erkennung kurzer auditiver Reize bewertet. Bei diesem Test wurden die Mäuse in eine Kammer mit Hintergrundgeräuschen gesetzt. Dann wurde ein lauter Ton abgespielt, der eine Schreckreaktion hervorrufen sollte. Das Signal kam entweder unvermittelt oder wurde durch kurze Stille angekündigt. Erkannten und verarbeiteten die Mäuse diese Lücke gut, war der darauffolgende Schreck abgeschwächt.  

Die Mäuse mit weniger Synapsen benötigten längere Stille vor dem lauten Geräusch, um diese als Vorwarnung zu erkennen und sich somit weniger zu erschrecken. Überraschender waren die Ergebnisse bei den Mäusen mit erhöhter Synapsendichte. Diese Mäuse zeigten nicht nur verbesserte Spitzen in den akustischen Hirnstammantworten, sondern schnitten auch im Gap-Prepulse-Inhibitionstest besser ab, was auf eine erhöhte Fähigkeit hinweist, mehr auditive Informationen zu verarbeiten.

Übersetzung der Studienergebnisse auf den Menschen

„Wir waren überrascht, als wir herausfanden, dass das Gehirn bei einer erhöhten Anzahl von Synapsen zusätzliche auditiven Informationen verarbeiten konnte. Diese Mäuse schnitten im Verhaltenstest besser ab als die Kontrollmäuse“, so Corfas.

Die Studie stellt die bisherige Annahme in Frage, dass der Verlust von Haarzellen die Hauptursache für Hörverlust bei alternden Menschen ist. Die Ergebnisse legen nahe, dass der Prozess möglicherweise bereits früher beginnt: Der Verlust von inneren Haarzellensynapsen könnte der erste Schritt des Hörverlustes sein. Dies macht Therapien, die darauf abzielen, Synapsen zu erhalten, zu regenerieren oder ihre Anzahl zu erhöhen, zu vielversprechenden Ansätzen zur Behandlung verschiedener Hörstörungen.

Die Erkenntnisse stützen die Hypothese, dass die Synapsendichte mit der versteckten Schwerhörigkeit beim Menschen zusammenhängt. Versteckte Schwerhörigkeit beschreibt Hörprobleme, die durch Standardtests nicht erkannt werden, aber das Sprachverständnis in lauten Umgebungen beeinträchtigen können.

Die Schlussfolgerung ließe sich aber auch auf Erkrankungen über den Hörverlust hinaus anwenden, wie Corfas erklärt: „Einige neurodegenerativen Erkrankungen beginnen ebenfalls mit dem Verlust von Synapsen im Gehirn. Die Erkenntnisse aus den Studien könnten also auch dabei helfen, neue Therapien für einige dieser verheerenden Krankheiten zu finden.“

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