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Tinnitus-Apps zählen zu den TOP 3 Digitalen Gesundheitsanwendungen. Aber: Helfen Sie wirklich?

Seit der Einführung von DiGA, Digitale Gesundheitsanwendung, im Oktober 2020 wurden bis Ende 2023 etwa 600.000 Verordnungen ausgestellt. Tendenz steigend, allein mehr als 65.000 in den letzten beiden Monaten 2023. Über 50 Prozent der zugelassenen DiGA werden im Bereich des Bewegungsapparates, bei Adipositas oder Tinnitus verschrieben. Darüber hinaus häufig verschrieben werden auch Apps für psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen sowie bei Erektionsstörungen, Migräne, Endometriose oder Krebs.

DiGa: Zahlen & Fakten

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) können verschiedene Formen annehmen, einschließlich mobiler Apps oder browserbasierter Anwendungen. Deren Hauptzweck liegt typischerweise darin, Aufklärungsinhalte und therapeutische Anweisungen zu vermitteln sowie damit verbundene Beschwerden zu reduzieren. In Deutschland bezieht sich der Begriff DiGA speziell auf Anwendungen, die über die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) abrechenbar sind.

Das DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) enthält Informationen zu DiGA, die in Deutschland von Ärzten, Psychotherapeuten oder Versicherten mit entsprechenden Belegen verschrieben oder beantragt wurden.

Bei Aktivierung durch den Versicherten können die Kosten von den Herstellern über die GKV abgerechnet werden. Die Aufnahme ins Verzeichnis ist vorläufig. Eine dauerhafte Listung erfolgt, wenn innerhalb von maximal 24 Monaten positive Versorgungseffekte durch wissenschaftliche Studien nachgewiesen werden.

Im vergangenen Jahr haben etwa 56,2 % der befragten Ärzte mindestens eine digitale Gesundheitsanwendung (DiGA) verschrieben. Dies geht aus Umfragen der Barmer hervor, die im November/Dezember 2023 unter 1.000 Ärzten und Psychotherapeuten mit Patientenkontakt sowie mit 1.711 Patienten (durchgeführt im März 2023) durchgeführt wurden. Im aktuellen Arztreport 2024 der Barmer wurden die Ergebnisse nun vorgestellt.

HNO-Ärzte verschreiben mit am häufigsten

Bereits der DiGA-Report 2022 der Techniker Krankenkasse zeigte, dass die smartphone-basierte Gesundheitsversorgung vor allem bei der Behandlung von Rückenschmerzen führend sei, wobei jede fünfte DiGA in diesem Bereich verschrieben wird. Die Tinnitus-Therapie nahm eine Pionierrolle ein und erreichte mit 18 % aller verschriebenen DiGAs den zweiten Platz. Bei der Barmer waren es 2022 15 %

HNO-Ärzte fielen besonders auf. Das liegt daran, dass sie eine eigene Fachgruppe bilden, der nur zwei DiGA-Apps zugeordnet sind. Zudem auch nachvollziehbar, denn Tinnitus ist bekanntlich sehr vielseitig, so dass ebenso viele Therapieansätze versucht werden, zum Beispiel solche mit Hörgeräten, MBSR oder auch das neue, mittlerweile von der US-amerikanischen FDA zugelassene System Lenire von Neuromod. Und dazu gesellen sich nun eben auch die Tinnitus-Apps.

Diese Tinnitus-Apps sind im DiGa-Verzeichnis

Im Jahr 2022 wurde die DiGA Tinnitus App Kalmeda in Deutschland geschätzt 29.553-mal von 24.123 Personen verschrieben oder beantragt. Damit belegte sie im selben Jahr den zweiten Platz in Bezug auf die Anzahl der Verschreibungen unter allen DiGA. Für einen Nutzungszeitraum von 90 Tagen kostet die Anwendung 189,00 Euro (Stand 11/2023). Die Erstzulassung erfolgt im September 2020. Dauerhaft zugelassen ist die App seit Dezember 2021.

Das Durchschnittsalter der Personen mit einer genehmigten DiGA-Anwendung lag bei 53,3 Jahren und damit gut sieben Jahre unter dem Durchschnittsalter von knapp 61 Jahren der identifizierten Zielpopulation. Der Anteil Frauen war mit 54,1 % höher als der der Gesamtzielgruppe (52,5 %).

Die zweite zugelassene App ist die Meine Tinnitus-App. Sie wurde 2022 insgesamt knapp 4.700 beantragt. Die Einmallizenz schlägt mit 449,00 Euro zu buche.

So sehen es die Nutzer

Schaut man sich die Nutzerbewertungen der Apps an, findet sich wie immer ein heterogenes Bild. Nach anfänglichen Nutzungsschwierigkeiten drehte sich das Bewertungsbild: Menschen, die mit anhaltendem Tinnitus zu kämpfen haben, teilen vermehrt positive Erfahrungen. Ein Nutzer empfiehlt die App nach dem Absolvieren von „Level 1“ und betont, dass trotz erforderter Disziplin die Verbesserung spürbar ist. Die App bietet nicht nur Hilfe gegen Tinnitus, sondern auch zusätzliche Möglichkeiten für ein besseres Leben. Ein anderer Nutzer, der jahrelang an Tinnitus litt, fühlt sich durch die App unterstützt und sieht sie als Mittel, um aus dem Stress-Geräusch-Teufelskreis auszubrechen. Ein anfänglicher Skeptiker gibt zu, dass die App sehr hilfreich ist und sich positiv auf seinen Tinnitus auswirkte, nachdem er sich darauf eingelassen hat und die regelmäßige Arbeit an sich selbst als lohnenswert empfindet.

Übrigens: Hauptsächlich Frauen, Stadtbewohner und Menschen mittleren Alters machen Gebrauch von den DiGa-Apps. Es gibt jedoch Herausforderungen bei der Akzeptanz in verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Beispielsweise wurden 2022 von 100.000 Einwohnern 359 Frauen und 181 Männer, vorwiegend im Alter zwischen 25 und 60 Jahren, die Apps auf Rezept genutzt.

Das Schlusswort hat Joachim Szecsenyi, Autor des Arztreports und Geschäftsführer des aQua-Instituts in Göttingen: „Der Einsatz von DiGA steckt noch in den Kinderschuhen. Auf längere Sicht können sie aber ein wertvoller Bestandteil in der Versorgung der Patientinnen und Patienten werden. Das Fundament hierfür ist mehr Transparenz“.

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