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Gesundheitsdaten aus dem Ohr: Das können Hörgeräte von Heute und Morgen

Gesundheitsdaten im Gehörgang ablesen – dieses Potenzials sind sich Hersteller von Hörgeräten und Kopfhörern bewusst. Denn das Ohr ist ein idealer Ort, um Informationen über die Gesundheit zu sammeln. So richtig in den Alltag Einzug gehalten haben entsprechende Technologien zwar noch nicht, aber die Forschung läuft auf Hochtouren: Es gibt bereits Lösungsansätze, um Herzfrequenz und Blutdruck im Gehörgang zu messen. Und auch die Idee, mittels eines Hörgeräts die Körpertemperatur zu messen, scheint allmählich Realität zu werden.

Gesundheitsdaten aus dem Ohr - Das können Hörgeräte von Heute und Morgen
V.l.n.r.: Phonak Audéo Fit, MindMics, Starkey Evolv AI

Hearables sind Kopfhörer, mit denen man nicht nur Musik hören kann. Zusätzliche Funktionen durch die Verbindung mit dem Smartphone und die Integration von Sensoren ermöglichen beispielsweise Aktivitätstracking und medizinische Überwachung. Und auch, wenn diese Wortneuschöpfung selbst nicht die vorausgesagte Popularität erlange: Die smarten Ohrhörer – egal in welcher Form – sind längst in unserem Alltag angekommen.

Während die Unterhaltungsindustrie ihre Priorität auf die Themen Kommunikation, Medienkonsum und Augmented Reality legt, kann auch die Hörgeräteindustrie dank neuestem Fortschritt endlich Pläne wahrmachen, die lange Zeit nur in der Theorie existierten. Die Rede ist zum Beispiel davon, Gesundheitsdaten im Ohr zu messen – naheliegend, schließlich sitzen die Geräte ohnehin dort.

Herzfrequenz am Gehörgang ablesen

MindMics App
Über die App erhalten MindMics-Nutzer einen Überblick über ihre Gesundheit.
Quelle

Letztes Jahr stellte der Hersteller Phonak sein Hörgerät Audéo Fit vor. Dieses erhielt nicht nur eine intuitive App zum Tracken von geistiger und körperlicher Aktivität. Neu war auch ein Hörer mit einer erstaunlichen Funktion: Er kann die Herzfrequenz bestimmen – und zwar anhand sich verändernder Lichtreflexionen, die entstehen, wenn Blut durch die Adern gepumpt wird.

Das gleiche Ziel mit anderem Ansatz erreichte jüngst ein weiteres Unternehmen: Auch MindMics misst die Herzfequenz im Ohr, aber mithilfe der dort vorherrschenden akustischen Signale. Laut Gründerin und CEO Dr. Anna Barnacka nutze die Technologie die vom Körper erzeugten Schallwellen, um Erkenntnisse über die Gesundheit zu gewinnen – und zwar mithilfe der ohnehin vorhandenen Mikrofone. Das mache zusätzliche Sensoren überflüssig. Und weil diese Schallwellen unter 20 Hz lägen, könne der Nutzer währenddessen wie gewohnt Musik hören.

Blutdruck im Ohr messen

Den Blutdruck im Gehörgang zu messen, scheint da schon ein wenig komplizierter zu sein: Wir haben im Frühjahr 2022 von dem Prototypen eines Forschungsprojekts berichtet.

Starkey Temperatur Sensor Thermometer
Starkeys neuestes Patent: Ein Sensorsystem, das die Körpertemperatur ablesen kann.
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Die Idee: Ein kleiner Ballonring im Ohr wird aufgepumpt und damit ein Mini-Sensor an die Gefäßwand im Gehörgang gedrückt. Dieser misst dann die relative Blutdruckschwankung. Damals war dieses Gerät allerdings noch lange nicht bereit für die Alltagsnutzung: Es war kabelgebunden, um ein Vielfaches Größer als ein HdO und benötigte sehr viel Energie, um den Ballon aufzupumpen.

Neues Patent: Ein Hörgerät mit Thermometer

Starkey hat jüngst ein Patent für ein Sensorsystem angemeldet, welches die Körpertemperatur ablesen kann. Dafür hat der Hersteller zwei Temperatursonden in die Hörgeräteschale eingebettet. Den Vergleich mit herkömmlichen Messmethoden bestand diese Technologie: Sie bestimmte die Körperkerntemperatur mit mindestens gleicher Genauigkeit. Und diese Entwicklung passt in Starkeys Historie: Mit Sturzsensor, Simultanübersetzer und Co. ist der Hersteller ohnehin bekannt für Lösungen über das Hören hinaus – ein Alleinstellungsmerkmal, welches Starkey offenbar nicht einbüßen möchte.

Das Hörsystem ist noch lange nicht fertig entwickelt – das ist klar. Aktuell konzentriert sich die Forschung vermehrt auf klassisch-audiologische Themen mit Verbesserungspotenzial: Das Erleichtern von Gesprächen im Störlärm beispielsweise. Aber der Blick über den Tellerrand zeigt: Egal wo die Audiologie irgendwann steht, warten da noch viel mehr Möglichkeiten auf die smarten Geräte. Gesundheitsdaten im Gehörgang zu messen ist sicher nur der Anfang. Wer weiß, was da noch kommt?

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Forschung: Vitaldaten direkt aus dem Ohr

Quellen:
https://www.mindmics.com/
https://www.mdpi.com/1424-8220/23/17/7323